Anfragen in der BVV

0368/V - Umgang mit Leihfahrrädern in Mitte

Drucksache 0368/V - Schriftliche Anfrage

08.05.2018

Sehr geehrter Frau Kreitmair,


namens des Bezirksamtes Mitte beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:

Vorbemerkung:

Der Senat hat den Bezirken empfohlen, den Anbietern von Leihfahrrädern im Wege einer Ne- benbestimmung bestimmte Auflagen zu erteilen (vgl. Antwort auf Schriftliche Anfrage 329/V, Anlage „Hinweise und Anforderungen für das Abstellen von stationslosen Fahrradverleihsyste- men auf öffentlichen Straßen in Berlin“).

1. Wird bei der Anmeldung des Gewerbes der Anbieter von Leihfahrrädern geprüft, ob andere als gewerberechtliche Bedingungen wie z. B. die Einhaltung des Stra- ßenverkehrsgesetzes und insbesondere die Anforderungen für das Abstellen von stationslosen Fahrradverleihsystemen zu erfüllen sind? (Vgl. Antwort auf Frage 1 in o.g. Schriftlicher Anfrage Drs. 329/V).

Im Rahmen der Gewerbeanmeldung werden keine weiteren Anforderungen außerhalb des Gewerberechts geprüft.
Die Bescheinigung einer Gewerbeanzeige enthält regelmäßig folgenden Hinweis: „Die Bescheinigung dient dem Nachweis, dass eine Anzeige nach den §§ 14 oder 55 c der Gewerbeordnung –GewO- erstattet wurde.

 

Eine abweichende Beurteilung durch andere Behörden und Institutionen hinsichtlich der Frage, ob die Tätigkeit nach den tatsächlichen Verhältnissen selbstständig ausgeübt wird, bleibt hiervon unberührt. Diese Anzeige gilt gleichzeitig als Anzeige nach § 138 Abs. 1 der Abgabeordnung bei dem für den angemeldeten Betrieb zuständigen Finanzamt; die übrigen steuerrechtlichen Vorschriften bleiben jedoch unberührt.
Unberührt bleiben auch die sonstigen öffentlich-rechtlichen Pflichten, zum Beispiel nach dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht oder dem Außenwirtschafts- und Ausländerrecht. Diese Bescheinigung berechtigt insbesondere nicht zum Beginn oder zur Änderung oder Erweiterung oder Verlegung eines Gewerbebetriebes, wenn dafür eine Erlaubnis oder eine Eintragung in die Handwerksrolle notwendig ist.

2. Welchen Anbietern von Leihfahrrädern hat das Bezirksamt Nebenbestimmungen gemäß Ziffer 4 bis 8 der „Hinweise...zur Nutzung von öffentlichem Straßen in Berlin“ auferlegt?

Das Bezirksamt hat die Nebenbestimmungen nicht zur Anwendung gebracht, weil bisher keine Sondernutzungserlaubnis für stationslose Fahrradverleihsysteme erteilt wurde. Das stationslose Abstellen von bis zu 4 Fahrrädern entspricht gemäß der juristischen Beurteilung der Senatsverwaltung für Umwelt, Natur und Klimaschutz (SenUVK) dem Gemeingebrauch und ist daher genehmigungsfrei.

3. Gelten die in anderen Bezirken auferlegten Nebenbedingungen auch für den Bezirk Mitte, wenn die Fahrräder hier abgestellt werden?

Die Nebenbestimmungen können lediglich Wirksamkeit für das konkret in der erteilten Sondernutzungserlaubnis dokumentierte Straßenland erlangen. Eine bezirksübergreifende oder berlinweite Wirksamkeit bedürfte der unmittelbaren Abstimmung und Beteiligung der betreffenden Bezirke bzw. einer berlinweiten Regelung durch die SenUVK (z.B. im Rahmen der Neufassung der AV Sonder- nutzung).

4. Sieht sich das Bezirksamt imstande, allen in Mitte tätigen Anbietern von Leihfahrrädern diese Nebenbestimmungen aufzuerlegen?

Siehe Antwort zu 2.

5. Wie viele Fälle sind dem Bezirksamt bekannt, in denen Anbieter von Leihfährrädern keinen Antrag auf Sondernutzung gestellt haben, obwohl dies notwendig gewesen wäre (vgl. Antwort zu Frage 4 auf Drs. 329/V), und wie geht das Bezirksamt in diesem Fällen weiter vor?

Die Frage setzt voraus, dass eine tägliche und über den Gesamtbezirk flächen- deckende Kontrolle des öffentl. Straßenlandes durch den Bereich des Ordnungs- amtes erfolgen würde, um in Anwendung des Kriterienkataloges der SenUVK bei festgestellter Sondernutzung (Abstellen von mehr als 4 Fahrrädern) eine entsprechende Beseitigungsverfügung bzw. die Aufforderung zur Antragstellung auf Sondernutzung zu veranlassen und dies auch mit weiteren Maßnahmen (Ordnungs- widrigkeiten-Verfahren, Durchsetzung von Zwangsmitteln) nachhaltig zu verfolgen. Dies ist mit Verweis auf die Antwort zu Frage 7 bereits aus personellen Gründen und der Aufgabenvielfalt nicht der Fall.

6. Sieht sich das Bezirksamt imstande, die in o.g. Kriterienkatalog vorgegebenen Regeln, insbesondere auch die in den Ziffern 1 und 3 der Hinweise dargestellten Anforderungen an die Freihaltung von Gehwegen, rechtlich durchsetzen zu können?Wie kontrolliert das Bezirksamt die Einhaltung der vom Senat definierten Hinweise und Anforderungen, und welches zusätzliche Personal ist evtl. dafür erforderlich?

Siehe Antwort zu 5., eine rechtliche Durchsetzbarkeit erfordert die entsprechende personelle Ausstattung.

7. Wie kontrolliert das Bezirksamt die Einhaltung der vom Senat definierten Hinweise und Anforderungen, und welches zusätzliche Personal ist evtl. dafür erforderlich?Welche Bereiche in Berlin-Mitte sind – neben dem Brandenburger Tor und Umgebung und dem Bebelplatz - nach Auffassung des Bezirksamtes als städtebaulich und historisch sensibel anzusehen und dürfen durch das Abstellen von Leihfahrrädern nicht beeinträchtigt werden? (vgl. Ziffer 3e) der „Hinweise“)

Das Bezirksamt geht davon aus, dass es - neben seinem bisher schon vielfältigen Aufgabenspektrum - zuständig für die Kontrolle der genannten Regeln sein wird. Wie in der Antwort zur Schriftlichen Anfrage 0329/V bereits erläutert, ist für das Ordnungsamt kein zusätzliches AOD-Personal von Seiten des Senats vorgesehen. Es ist anzunehmen, dass der Bezirk in der Angelegenheit nicht flächendeckend sondern nur punktuell aktiv werden kann.

8. Welche Bereiche in Berlin-Mitte sind – neben dem Brandenburger Tor und Um- gebung und dem Bebelplatz - nach Auffassung des Bezirksamtes als städtebaulich und historisch sensibel anzusehen und dürfen durch das Abstellen von Leihfahrrädern nicht beeinträchtigt werden? (vgl. Ziffer 3e) der „Hinweise“)

Eine umfassende und insbesondere abschließende Beurteilung zu diesen Bereichen kann es hierzu nicht geben. Dies setzt zunächst voraus, dass überhaupt Anträge auf Sondernutzung für stationslose Anbieter existieren und somit auch einzelfallbezogen beurteilt werden könnten. Als Orientierung kann jedoch der Positiv-Negativ-Katalog des Bezirksamtes Mitte dienen, in dem örtlich begründet bestimmte Formen von Handel, Werbung oder Veranstaltungen ausgenommen sind.
Unabhängig davon:
Jeder Gebrauch der öffentlichen Straßen, der über den Gemeingebrauch hinausgeht, ist eine Sondernutzung (SN) und bedarf unbeschadet sonstiger Vorschriften der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Die Vorschriften des § 11 BerlStrG finden Anwendung.
Das Berliner Straßengesetz sieht bei der Vergabe von Sondernutzungsrechten nur einen sehr eingeschränkten Ermessenspielraum vor. Anders als bei privaten Flächen besteht auf öffentlichen Flächen grundsätzlich ein Genehmigungs- anspruch:
„...§ 11 Abs. 2 Berliner Straßengesetz: Die Erlaubnis nach Absatz 1 soll in der Regel erteilt werden, wenn überwiegende öffentliche Interessen der Sondernutzung nicht entgegenstehen oder ihnen durch Nebenbestimmungen zur Erlaubnis entsprochen werden kann. Die Erlaubnis soll versagt werden, wenn behinderte Menschen durch die Sondernutzung in der Ausübung des Gemeingebrauchs erheblich beeinträchtigt würden.“
Ob ein öffentliches Interesse besteht, entscheidet das Fachamt nach Abwägung und in Abstimmung mit entscheidungsrelevanten Fachbereichen (u.a. Straßenaufsicht, Stadtplanung, Denkmalschutz, Bauaufsicht). Während dieses Prozesses wird explizit über den beantragten Standort der Sondernutzung entschieden und dieser bei Vorliegen technischer, städtebaulicher oder denkmalschutzrechtlicher Bedenken auch versagt.


Mit freundlichen Grüßen

Sabine Weißler

Fragesteller der Fraktion der SPD, Sonja Kreitmair

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