Touristische Nutzung in Wohnquartieren

Veröffentlicht am 13.04.2014 in Wirtschaft

Um es gleich vorweg zu nehmen: es sollte laut Einladung ein „Berlinweiter Erfahrungsaustausch“ werden. Das wurde es nicht. Leider.

Bürgerinnen und Bürger überwiegend aus Friedrichshain-Kreuzberg berichteten über ihre (negativen) Erfahrungen mit Touristinnen und Touristen im Bezirk und lamentierten, dass sie nicht mehr schlafen könnten und überhaupt alles ganz schrecklich sei.

Eingeladen hatte das sogenannte „Netzwerk für Standortlösungen“, das sich „lokal.leben“ nennt. Es sollte einen „Erfahrungsaustausch zwischen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, den Akteuren des öffentlichen Raums, der Wissenschaft, den Verwaltungen und der Politik geben“. Auf dem Podium saßen am 10.04.2014 im Roten Rathaus tatsächlich Dr. Peter Beckers (Wirtschaftsstadtrat Friedrichshain -Kreuzberg), Dr. Torsten Kühne (Bezirksstadtrat für Verbraucherschutz, Kultur, Umwelt und Bürgerdienste – Pankow), Dipl. Ing. Stefanie Raab (Projektleiterin lokal.leben), Dipl. Geograph Sebastian Schlüter (HU Berlin), Malena Medam (Kulturmanagerin für die ClubCommission), Nana Rebhan (Dokumentarfilmerin), eine Bürgerin (KiezbürgerGraefekiez), Nicole Ludwig (MdA, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen), ein Vertreter der DeHoGa und eine Wissenschaftlerin.

Zu bedauern, dass kein Stadtrat, kein Verwaltungsleiter aus Mitte den Weg zu dieser Veranstaltung fand.

Im Publikum folgten Martina Matischok, Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Ordnungsamt und Fraktionsvorsitzende SPD in der BVV Mitte, Stefan Draeger, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD – Fraktion in der BVV Mitte und Frank Bertermann, Bezirksverordneter der Grünen in der BVV Mitte den Ausführungen der einzelnen Referentinnen und Referenten. Mit Erstaunen hörten wir die Statements und die Diskussionsbeiträge der betroffenen Bürgerinnen und Bürger vor Ort aus Friedrichshain-Kreuzberg.So wie beschrieben stellt sich die Situation in Berlin-Mitte nicht dar.

In Mitte finden zur Vermeidung von Konflikten Gespräche und Runde Tische mit allen Beteiligten statt und bisher konnte grundsätzlich ein Modus Vivendi gefunden werden. Außerdem besteht kontinuierlicher Kontakt zwischen Bezirksverordnetenversammlung und ClubCommission, DeHoGa und anderen Vertreterinnen und Vertretern vor Ort. Alleine dadurch lassen sich viele Konflikte bereits im Vorwege vermeiden. Für uns schwang bei vielen Beiträgen eine touristenfeindliche Grundeinstellung durch, die wir als SPD -Bezirksverordnete aus Mitte so nicht teilen können. Wir sehen unsere Hauptaufgabe darin, die Interessen von Tourismus, AnwohnerInnen und Gewerbe unter einen Hut zu bringen. Die Zahl der Übernachtungen in Berlin wird auch in den nächsten Jahren steigen und daher haben wir uns dieser Herausforderung zu stellen. Da herrscht im übrigen Einigkeit zwischen allen Fraktionen in der BVV Mitte.

Außer Spesen also nichts gewesen?

Nein, so kann man es nicht formulieren. Wir haben mitgenommen, dass es wohl angebracht ist, wirklich alle vom Tourismus „betroffenen“ Bezirke zusammenzubringen und tatsächlich Erfahrungen auszutauschen. Die Probleme in Berlin-Mitte liegen zwar nicht im Tourismus im Allgemeinen. Wir freuen uns über den Kulturtourismus, der Shopping-Tourismus, den Kunsttourismus, den Erlebnistourismus und den Clubtourismus. Wir wollen Touristinnen und Touristen nach Berlin Mitte holen. Allerdings nicht um jeden Preis. Darin sind wir uns mit den PodiumsteilnehmerInnen einig. Allerdings ist uns das Benehmen einiger weniger TouristInnen ein Dorn in unserm Auge und hier müssen wir eingreifen – zum Schutz der BewohnerInnen, aber auch zum Schutz aller anderen Gäste unseres Bezirks.

Wir wollen keine Belastungen der MieterInnen durch die Zweckentfremdung einer Vielzahl von Wohnraum für Ferienwohnungen und folglich keinen dadurch verursachten Lärm und Müll in Wohnanlagen. Hier hatte sich die SPD-Fraktion der BVV-Mitte in der Vergangenheit erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Zweckentfremdungsverbotsverordnung in Kraft treten konnte.

Wir wollen keine grölenden Gruppen in Wohnvierteln. Wir wollen daher auch keine Spätis, die den Zweck des „Vorglühens“ erfüllen. Entsprechend hatten wir beim Bezirksamt nachgefragt und unterstützen die Bemühungen z.B. des Runden Tisches Köpenicker Straße Abhilfe zu schaffen.

Wir setzen uns dafür ein, dass es keine feindliche Grundstimmung gegen TouristInnen gibt, aber dass Maßnahmen ergriffen werden, damit es nicht erst zur Touristenverdrossenheit kommen muss.

Einigkeit macht stark, daher sind Berlinweite Verbünde in Richtung verbesserte Tourismusstrukturen zu begrüßen: z.B. zur Durchsetzung von gegenüber dem Senat für die Bezirke, die durch die touristische Nutzung erhöhte Aufwendungen haben (Einrichtung von Busparkplätzen, verstärkte Einsätze von Ordnungsamtsmitarbeitern, Abnutzung von Straßen und und und).

Die SPD-Fraktion in der BVV Mitte wird sich mit dem Thema weiter beschäftigen und neben eigenen Aktivitäten in dieser Richtung auch die Entwicklung des Rundes Tisches Tourismus, dem auch der Bezirksbürgermeister von Mitte angehört, begleiten.

 

lokal.leben Veranstaltung 10.4.14 Bild 2

 

Um es – wie Martina Matischok auf der Veranstaltung formulierte – auf den Punkt zu bringen: „Touristinnen und Touristen sind uns im Bezirk Mitte willkommen! Notwendigen Strukturverbesserungen, um im Einklang mit dem Arbeiten und Wohnen in der Stadt den Tourismus fördern zu können, stehen wir offen gegenüber.“


13.04.2014 Stefan Draeger

 
 

E-Mail-Abo

Bitte Mail-Adresse eingeben: