Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

Veröffentlicht am 27.01.2020 in Kultur

 

Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus fand im Foyer des Rathauses Tiergarten eine öffentliche Veranstaltung des Bezirks Mitte mit Schweigeminute und anschließender Kranzniederlegung statt. Für die SPD-Fraktion Mitte nahmen Vera Morgenstern und Ana-Anica Waldeck an der Gedenkveranstaltung teil. "Wir müssen gemeinsam der Gewalt gegen jüdisches Leben entgegentreten", sagte Bezirksstadtrat Ephraim Gothe, der in Vertretung des Bürgermeisters die Gedenkrede hielt. Es ist aber nicht nur Aufgabe der Politik, entschlossener gegen Antisemitismus vorzugehen. Wir alle müssen Flagge zeigen gegen Antisemitismus und Menschenhass: auf der Straße, am Stammtisch, auf dem Schulhof, im Internet.

 

Ansprache von Bezirksstadtrat Ephraim Gothe anlässlich des Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, 27. Januar 2020 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Bertermann,

Ich danke Ihnen ganz herzlich, dass Sie die Einladung zu der Veranstaltung des Bezirksamtes Mitte von Berlin angenommen haben.

 

Der 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz ist ein Ereignis von weltweiter politischer, aber auch emotionaler Bedeutung.

 

Das wurde deutlich, als sich vergangenen Donnerstag auf Einladung des israelischen Staatspräsidenten Rivlin Überlebende des Holocausts und Staatsoberhäupter aus aller Welt zu einer beeindruckenden Gedenkveranstaltung in Yad Vashem versammelten.

 

Der Holocaust, den das nationalsozialistische Deutschland auslöste und für den Deutschland bis heute Verantwortung trägt, hatte und hat eine weltweite Dimension. Aus allen Ländern, die Nazideutschland im zweiten Weltkrieg besetzte, wurden Juden und andere Verfolgte des Regimes verfolgt, verhaftet und dem perfiden Vernichtungssystem zugeführt. Die Flucht vor diesem Terrorregime zerriss und zerstreute jüdische Familien und Gemeinden und andere Verfolgte in alle Welt und am Ende war eine gewaltige Kraftanstrengung der Weltgemeinschaft notwendig, um unter schrecklichen Opfern das nationalsozialistische Deutschland zu besiegen. Die Befreiung des KZs Auschwitz durch die sowjetische Armee ist zurecht seit 2005 international der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.

 

Die Rede unsere Staatspräsidenten Frank-Walter Steinmeier in Yad Vashem hat mich stark berührt. Besonders eine Passage (Zitat) „Ja, wir Deutsche erinnern uns. Aber manchmal scheint es mir, als verstünden wir die Vergangenheit besser als die Gegenwart. Die bösen Geister zeigen sich heute in neuem Gewand“ (Zitatende). 

 

Hiermit bringt er die Herausforderung der Gegenwart auf den Punkt, denn dieser 75. Jahrestag ist auch dadurch gekennzeichnet, dass es im Bundestag, den Landesparlamenten und den Bezirksverordnetenversammlungen eine fest etablierte rechtsnationale Partei gibt, in der ein nationalistischer, ausländerfeindlicher Kern immer stärker in den Vordergrund tritt. Hierzu sagte Steinmeier: „Es sind nicht dieselben Worte, es sind nicht dieselben Täter, aber es ist dasselbe Böse.“

 

Wie „die bösen Geister im neuen Gewand“ bekämpfen? Es ist unser aller Aufgabe, zu erinnern und entschieden an jeder Stelle Beleidigungen, Anfeindungen und Gewalt von jüdischem Leben entgegenzutreten.

 

Damit ist ein Auftrag an alle Parteien, Organisationen, an alle, die eine pluralistische Gesellschaft stärken und die universellen Menschenrechte schützen wollen, formuliert.

 

Mit Blick auf unsere Bezirksverordnetenversammlung kann ich sagen, dass uns nationalistische Zumutungen selten entgegenschlagen, fast hoffe ich, dass unsere Debatten dazu führen, das einzelne Verordnete dieser Fraktion ihrer Partei den Rücken kehren.

 

Alle anderen Parteien, Organisationen, Körperschaften aller Religionen und die gesamte Zivilgesellschaft haben die Pflicht, die Richtigkeit der in unserer Verfassung festgeschriebenen Grundwerte zu vermitteln und die Beachtung der universellen Menschenrechte konsequent durchzusetzen. 

 

In diesem Sinne freue ich mich über ein außergewöhnliches Projekt. Im April wird der Grundstein für das „House of One“ , ein gemeinsames Haus der drei Buchreligionen gelegt. Es wird an dem Standort der ältesten Kirche Alt-Cöllns, unweit des Spreeübergangs nach Alt-Berlin, der Petrikirche, errichtet werden. Der architektonische Entwurf zeigt ein archaisches Gotteshaus, das weder wie eine Kirche, noch eine Moschee oder eine Synagoge aussieht und doch als sakrales Gebäude erscheint. In dem Bau gibt es einen zentralen Raum, der allen gleichermaßen zur Verfügung steht und daran angeschlossen Räume für die drei Buchreligionen. Ich bin außerordentlich froh, dass dieses Monument im Bezirk Mitte entsteht. Es kann ein Symbol dafür werden, dass friedliche Koexistenz nicht nur nebeneinander, sondern sogar in einem Haus möglich ist.

 

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

 
 

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