Solidarität mit den Bewohnern Berlichingenstraße 12

Veröffentlicht am 14.07.2016 in Soziales

Solidarität mit den Bewohnern Berlichingenstraße 12

Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Vorsorge zu treffen, damit die Menschen in der Berlichingenstraße nicht von Obdachlosigkeit bedroht sind.

Die private Betreiberfirma des Wohnheims „Gästehaus Moabit“ in der Berlichingenstraße 12 in 10553 Berlin hatte die Bewohner aufgefordert, zum Jahresanfang ihre bisherige Bleibe zu räumen. 33 Bewohnern drohte damit die Obdachlosigkeit. Das Bezirksamt Mitte hat zwar die sozialrechtliche Möglichkeit, die Bewohner in anderen Obdachloseneinrichtungen unterzubringen, aber hat auch politisch dafür gekämpft, dass die Menschen möglichst in ihren vertrauten Unterkünften bleiben können.

Die Bewohner hatten sich organisiert, um gemeinsam mehr zu erreichen, als ein Einzelner es wahrscheinlich vermag, und erfuhren Unterstützung vom Bündnis „Zwangsräumungen Verhindern“, United Neighbours und der Kirche von Unten. In einem offenen Brief an die Bezirksverordneten der BVV Mitte wurde um Unterstützung bei dem Finden anderer geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten ersucht, da keine Lösung in Aussicht stand.

Sie erfuhren  Unterstützung von den Mitgliedern des Bezirksamtes und sie erfuhren Unterstützung von den Mitgliedern der Bezirksverordnetenversammlung, auch von den Mitgliedern der SPD Fraktion der BVV Mitte. Daran hat sich bis heute nicht geändert.

Die Eigentümer des Hauses hatten auf Anschreiben und den Gesprächswunsch des Bezirksamtes erst nicht reagiert, später abschlägig und mit der Androhung, den Rechtsweg zu bestreiten. Die von der Hausverwaltung beauftragte Rechtsanwaltskanzlei wollte mit der Ankündigung zur gerichtlichen Auseinandersetzung hinsichtlich  Schadensersatzregulierung bei einer möglichen Beschlagnahmung durch das Bezirksamt vorbeugen, je nach Auffassung möglicherweise auch drohen.

Ein doch noch stattgefundenes Gespräch zwischen Bezirksamt, der Betreiberfirma „Gästehaus Moabit“ und dem Nachfolger Gikon, wonach ab 01.03.2016 im selben Haus, aber eine Etage höher, Räumlichkeiten in anderer Aufteilung und trotz der Beeinträchtigungen hinsichtlich der Umbaumaßnahmen mit höheren Kosten der Unterkunft zur Verfügung gestellt werden sollten, brachten nicht die erhoffte Lösung.

Die Überlegungen, das Haus als Verein in eigener Verantwortung betreiben zu können, wurden im März 2016 je zerschlagen. Gespräche zwischen Bezirksamt und der Hausverwaltung „Berolina“ blieben diesbezüglich fruchtlos.

Das Angebot der Hausverwaltung Berolina, anderweitigen Wohnraum in Drei- bis Vierzimmer-Wohnungen zur Verfügung zu stellen, wurde bislang nicht umgesetzt. Bedingung war  das Freiziehen des Hauses.

Dem Vernehmen nach wollte Gikon in das Haus Flüchtlinge unterbringen lassen. Es wird vermutet, dass die sicheren Mehreinnahmen bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen gegenüber der Unterbringung von obdachlosen Menschen erst dazu führten, dass ein fiskalisch bedingter Austausch von hilfesuchenden Menschen ursächlich verantwortlich für das Dilemma ist.

Zutiefst zu bedauern, denn nach dem Grundgesetz sind alle Menschen gleich und sollten daher auch gleich viel wert sein. Dies ist in der Achtung gegenüber Menschen im Allgemeinen begründet und nicht als Ware mit Preisschild. Hier hätte Abhilfe geschaffen werden können, indem unabhängig vom Aufenthaltsstatus zu einer Unterbringung in Wohnraum der Obdachlosenhilfe führt, immer derselbe Quadratmeterpreis als Nutzungsentgelt pro Mensch zu vereinbaren wäre.

Das ist so nicht gesetzlich reguliert worden. Das Dilemma besteht weiter. Weiter besteht im Besonderen die Unsicherheit, wo die Bewohner der Berlichingen Straße künftig wohnen können. Hier ist das Sozialamt Mitte gefordert, andere Unterbringungsplätze als Alternative zu finden.

Bis jetzt konnte trotz aller Bemühungen keine Lösung gefunden werden. Der letzten Aufforderung, das Haus bis zum 22. Juni 2016 zu verlassen, wurde nicht Folge geleistet. Der Eigentümer drohte mit Räumungsklage.

Mal nachgedacht: Die Bewohner verlassen das Haus aufgrund Aufforderung zur Räumung unter Androhung der entsprechenden Klage und leben wahrscheinlich fortan bis auf weiteres auf der Straße oder sie leisten nicht Folge und haben bis zur gerichtlichen Entscheidung, so es sie überhaupt oder in der Erwartung des Eigentümers gibt, Zeit gewonnen. Zeit, in der ein Dach über dem Kopf sicher ist.

Dies ist aber nur eine Lösung auf Zeit. Wenn die Bewohner der Berlichingenstraße juristisch keine Möglichkeit haben sollten, in ihrem jetzigen Unterkünften zu verbleiben, muss das Sozialamt und der Sozialstadtrat im Rahmen der Obdachlosenhilfe andere Plätze oder Wohnungen zur Verfügung stellen, damit Obdachlosigkeit vermieden wird. Das Sozialamt Mitte kann aufgrund der Rechtslage leider eben nicht in die Rolle eines Betreibers der Einrichtung eintreten. Hierfür gibt es sozialrechtlich keine Ermächtigungsgrundlage.

Die SPD Fraktion der BVV Mitte unterstützt das Bezirksamt in seinem Bestreben, dass das Land Berlin Regularien schafft, die die Umwandlung von Obdachloseneinrichtungen in  Unterkünfte für geflüchtete Menschen verbieten.

Die SPD Fraktion der BVV Mitte unterstützt das Bezirksamt in seinen Überlegungen, für von Obdachloseneinrichtungen in Einrichtungen für geflüchtete Menschen umgewandelte Wohnungen keine Kostenübernahmen vom Bezirksamt Mitte ausgestellt werden und die anderen Bezirke entsprechend um gleiche Haltung ersucht werden.

In der BVV am 14.07.2016 steht auf der Tagesordnung die Befassung mit der Drucksache Nr. 2882/IV zum Betreff „Bewohner in der Berlichingen Straße nicht im Stich lassen“.

Dem Betreff kann sich die SPD Fraktion voll und ganz anschließen.

Mit der Drucksache wird das Bezirksamt aber ersucht, die anfallenden Betriebskosten vorzufinanzieren und anschließend im Rahmen der Kosten der Unterkunft in Rechnung zu stellen. Hierzu besteht aus haushaltsrechtlicher Sicht leider keine Möglichkeit. Gemäß § 34, 1 LHO sind Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben, Ausgaben dürfen gemäß § 34, 2 LHO nur soweit und nicht eher geleistet werden, als sie zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich sind.

Dementsprechend bedarf es für die Leistungen von Ausgaben und für Maßnahmen, die zur Leistung von Ausgaben führen, einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage. Diese ist nicht gegeben, jedenfalls ist sie für die Mitglieder der SPD Fraktion der BVV Mitte nicht erkennbar. Das Bezirksamt Mitte ist weder Vertragspartner entsprechender Versorgungsunternehmen noch besteht eine anderweitige Verpflichtung zur Übernahme der Betriebskosten. Die in der Drucksache ersuchte Vorfinanzierung und nachfolgende Rechnungslegung gegenüber dem Jobcenter, welches für Kosten der Unterkunft sich von den Bezirksämtern erstatten lässt und nicht umgekehrt, und den Sozialämtern anderer Bezirke ist insofern aus unserer Sicht haushaltsrechtlich nicht zulässig, würde das Bezirksamt sogar zu einem Rechtsverstoß auffordern.

Der Antrag ist zwar politisch gut gemeint und versucht unterstützend zu wirken, aber leider ohne wirkliche Hilfeleistung im gesetzlichen Rahmen. Die Mitglieder der SPD Fraktion müssen diesen Antrag daher aus der rechtlichen Betrachtungsweise heraus ablehnen, was aber mit Nichten so zu deuten ist, dass den Bewohnern der Berlichingen Straße 12 unsere Unterstützung entzogen wird. Diese ist ihnen sicher, so dass wir weiter bemüht bleiben, eine rechtlich fundierte Lösung zu finden. Nur durch sichere Rechtslage kann den Bewohnern letztendlich geholfen werden. Deshalb fordern wir den Sozialstadtrat auf, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Vorsorge zu treffen, damit die Menschen in der Berlichingenstraße nicht von Obdachlosigkeit bedroht sind.

14.07.2016

 

 
 

E-Mail-Abo

Bitte Mail-Adresse eingeben: