100 Jahre Frauenwahlrecht

Veröffentlicht am 02.02.2019 in Frauen

Nachdem im November 1918 das Frauenwahlrecht beschlossen wurde, war es im Januar 1919 endlich soweit: Frauen konnten aktiv und passiv an den Wahlen zur Nationalversammlung teilnehmen. Das hart erkämpfte Frauenwahlrecht wurde Wirklichkeit. 

 

Frauen in der SPD BVV Mitte: Martina Matischok (Fraktionsvorsitzende), Sonja Kreitmair, Susanne Fischer (Stellv. Fraktionsvorsitzende), Sonja Linnemann, Daphne Jordan, Ana-Anika Waldeck, Vera Morgenstern

 

Akteurinnen verschiedenster Flügel kämpften seit Mitte des 18. Jahrhunderts um ihr Recht, wählen zu gehen und protestierten für das Recht der Frau, durch Wahlmöglichkeit über all das zu entscheiden, was gleichwohl der Allgemeinheit dient. Sie wollten das passive und aktive Wahlrecht, so wie alle Männer zuvor. Im Jahr 1848 schrieb die Frauenrechtlerin Louise Dittmer, dass man wohl viel von Freiheit aller spricht, aber gleichwohl nur Männer unter dem Begriff „ALLE“ versteht. Im Jahr 1871, mit Gründung des Deutschen Reiches, wurde das allgemeine, gleiche, unmittelbare, geheime aktive und passive Wahlrecht eingeführt. Allerdings nur für Männer ab 25 Jahren, die im Besitz der bürgerlichen und politischen Ehrenrechte waren.

 

1873 forderte Hedwig Dohm das Frauenwahlrecht und stritt für die politische, soziale und ökonomische Freiheit der Frau. Sie sagte zu Recht, dass die Menschenrechte kein Geschlecht haben. Sie forderte die Ausbildung auch für Frauen, damit diese nicht mehr abhängig vom männlichen Geschlecht waren. 1888 gründete Minna Cauer den Verein Frauenwohl für politische Rechte. Dem Verein gehörten u.a. die Frauenrechtlerinnen Hedwig Dohm, Anita Augspurg, Käthe Schirmherr und Helene Stöcker an.

Keine Chancengleichheit, die Männer kämpften erbittert um ihr alleiniges Recht. Frauen seien nicht intelligent genug, wären emotional nicht frei und schwer beeinflussbar, könnten daher nicht wählen, Sie wurden an den Herd geschickt und könnten die Kinder erziehen, aber auf keinen Fall wählen gehen. 

 

Im Erfurter Programm von 1891 wurde, insbesondere durch Clara Zetkin veranlasst, die Forderung nach dem Frauenstimmrecht in das Parteiprogramm der SPD als Beitrag für die Frauenbewegung aufgenommen. 1902 die erneute Forderung des Frauenwahlrechts, organisiert von Minna Cauer und im Folgenden dann die Gründung des Vereins „Deutscher Verband für Frauenstimmrecht“. Das erste Frauenwahlrecht gab es dann in Finnland bei den Wahlen 1906. Deutschland brauchte noch einige Jahre und einen verlorenen Krieg, bevor auch hier das Frauenwahlrecht Realität wurde. 

1907 fand die erste internationale sozialistische Frauenkonferenz in Stuttgart mit erneuter Forderung für das allgemeine Frauenwahlrecht in Deutschland, statt.

 

Clara Zetkin 1910: Frauen benötigen keine Sonderrechte, sondern im Rahmen der Menschenrechte die Garantie auf gleichberechtigte Teilhabe. Clara Zetkin war es auch, die in Kopenhagen auf der Zweiten internationalen Frauenkonferenz 1910 die Einführung eines internationalen Frauentages forderte und großen Applaus erhielt. Umgesetzt wurde diese Forderung u. a. in Deutschland, Dänemark, Österreich-Ungarn und der Schweiz mit Einführung des Frauentages am 19.03.1911. 

 

Im Jahr 1911 gingen über eine Million Frauen weltweit auf die Straße, um ihre Rechte, insbesondere die des Wahlrechts für Frauen einzufordern. Seit Verlautbarung am 30.11.1918 konnten nun Männer und vor allem Frauen ab 20 Jahren wählen und gewählt werden. 

Die Abgeordnete Marie Juchacz (SPD), Begründerin der AWO, sprach in ihrer Rede am 19.09.1919: "Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit; sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.“

Frauen beteiligten sich an der ersten Wahl mit 82 %, 37 Frauen (von 300 Kandidatinnen) wurden in die Nationalversammlung gewählt. Insgesamt bestand das Parlament dann aus 423 Abgeordneten.

 

1933 dann das Ende des passiven Wahlrechts für Frauen unter dem Hitler-Regime. Die Übernahme politischer Ämter war Frauen erneut verwehrt. Frauen durften zwar wählen, aber kein politisches Amt Inne haben. Laut den Nazis war Frau für Hausarbeit und Mutterschaft vorgesehen, politische Ämter oder höhere Positionen im Berufsleben waren den Männern vorbehalten. 

 

Im parlamentarischen Rat im Nachkriegsdeutschland 1948 waren unter den 65 Abgeordneten vier Frauen, auch die Juristin Dr. Elisabeth Selbert (SPD), der es zu verdanken ist, dass nach Art. 3 GG Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Seitdem können Frauen sich auch wieder in ein Amt wählen lassen. Dr. Selbert gilt als eine der „vier Mütter des Grundgesetzes“.

13 Jahre später, also 1961, gab es die erste Ministerin im Kabinett. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU) wurde nach einer Sitzblockade von Parteifreundinnen von Konrad Adenauer ernannt.

Die SPD hält an ihren Grundsätzen fest und fordert eine offene, freie Gesellschaft für Gerechtigkeit und Respekt. Dazu gehört für die Sozialdemokratie auch die gleiche Besetzung von Positionen durch Männer und Frauen. 

 

1988 beschloss die SPD die Einführung der Quotenregelung. Die Quotierung macht Sinn, behebt die Ungerechtigkeit aber noch nicht. Die Gleichheit zwischen Männern und Frauen ist noch immer keine Selbstverständlichkeit.

 

Ergebnis aus der BVV-Mitte mit Stand per 02.02.2019:

Partei

Frauen

Männer

Gesamt

SPD

  7

(2 Zugänge im  Laufe der WP)

16 

Grüne

  6

(2 Abgänge im Laufe der WP)

12

Linke

  6

10

CDU

  1

9

10

AfD

  1 

4

  5

FDP

  1 

2

  3

Pirat

1

  1

Ohne

1  

  1

 

Im Laufe einer Wahlperiode kann sich das Verhältnis zwischen Männern und Frauen verändern, was im normalen Rahmen liegt und natürlichen Schwankungen unterliegt. 

Das Wahlergebnis zur BVV 2016 ergab für die SPD- Fraktion eine Quote, die mit 50% Frauenanteil über der seit 1998 geltenden Quote der Partei von 40% lag.

Wir brauchen mehr Frauen, die politisch aktiv sein wollen. Nur dann kann das Parite-system (50% zu 50%) auch nachhaltig umgesetzt werden.

 

Künftig könnte eine veränderte Gesetzeslage für mehr Präsenz von Frauen in der Politik sorgen. Aktuell gibt es dazu Bestrebungen in einigen Bundesländern. Wir kämpfen aber weiterhin für die Gleichstellung von Frau und Mann in unserer Gesellschaft. Wir kämpfen, solange es Bedarf dazu gibt und hören erst auf, wenn wir tatsächlich gleichberechtigt sind. Auch im 21. Jahrhundert ist Gleichberechtigung noch lange kein Alltag. Wir kämpfen tagtäglich um gleichberechtigte Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen wie viele Frauen in vergangenen Zeiten vor uns. 

 

Wir machen uns weiter stark, sensibilisieren und mobilisieren, um das zu erreichen, was vor Hunderten von Jahren begann: Frauen treten für ihre Rechte ein. Wir kämpfen mit vielen, leider noch nicht mit allen, Frauen in starker Vernetzung und Bündelung der Kräfte. In weltweiter Solidarität um die Anerkennung und Umsetzung unserer Interessen. 

 

Martina Matischok

 
 

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