Schnute bleibt!

Veröffentlicht am 22.02.2014 in Informationen

 

Politische Entscheidung wurde getroffen: Schnute bleibt.

 

Am 20.02.2014 entschied die BVV Mitte mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU, gegen die Stimmen von Bündnis 90 / Die Grünen und bei Enthaltung der Linken, dass die 33jährige und hochbetagte Bärin in vertrauter Umgebung, einer Umgebung, in der Schnute seit 1981 lebt, weiter leben darf.

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Hintergrund:

 

Der Bärenzwinger am Köllnischen Park in Berlin-Mitte entstand bereits im Jahr 1928, offiziell eröffnet wurde er aber erst am 17. August 1939. Im Krieg teilweise zerstört, wurde er 1949 nach Rekonstruktion wieder zum Zuhause von Bären, dem Berliner Wappentier.

 

Im Jahr 1990 drohte dann das Aus für den Bärenzwinger. Modernisierungsmaßnahmen wurden nötig, nur fehlte dazu im Bezirkshaushalt das Geld. Massive Proteste sorgten schließlich dafür, dass der Senat die Kosten für die Modernisierung übernahm. Neben der Erneuerung der Elektrik und dem Einbau einer Lichtkuppel wurde auch eine Fußbodenheizung eingebaut.

 

Die am 18.01.1981 in Staßfurt geborene Braunbärin Schnute zog gemeinsam mit ihrem Bruder Taps am 07.07.1981 in den Bärenzwinger am Köllnischen Park. Schnute gebar um die 12 Bärenkinder, so am 14.01.1986 auch Maxi, die rund ein halbes Jahr im Tierpark Friedrichsfelde lebte, im Herbst 1986 aber wieder in den Bärenzwinger zurückkam.

 

Seitdem lebten beide Bärendamen im Zwinger, viele Jahren gemeinsam mit anderen Bären zusammen.

Immer wieder kam es zu Protesten über die Haltung der Bären auf dem Gelände, das nur wenige Monate nach ihrer Geburt über Jahrzehnte zu einer vertrauten Umgebung wurde.

Ganz erschüttert waren wir über die Situation am 20.11.2012. Mehrere „Tierschützer“ besetzten das Gelände rund um den Zwinger, kletterten zum Teil auch auf das Dach des Quartiers, in dem Maxi und Schnute Winterschlaf hielten. Hier schlägt politischer Protest, der gut gemeint sein mag, in eine Belastung und Belästigung der Bärinnen um,für die der Lärm Stress und Qual bedeutet.

Bei allem Verständnis um das Einsetzen für eigene Ideale, so etwas darf nie wieder passieren. Bärenfreunde sollten doch wissen, dass Bären während ihres Winterschlafes ihren Energiebedarf absenken und die Herzfrequenz vermindern und in eine Art Dämmerschlaf fallen. Störungen führen dazu, dass der Stoffwechsel erhöht wird, was zu enormen Gefährdungen führen kann.

Es gab weitere Aktionen, die alle damit einhergingen, die Bären in Freigehege u. a. in den Bärenpark Müritz umzusiedeln.

 

Gemäß Vorlage zur Kenntnis hatte das Bezirksamt Mitte (Drucksache 0632/IV) am 22.01.2013 beschlossen, die Winterruhe der Bären bis Mitte März 2013 abzuwarten, um nach Beendigung der Winterruhe eine tierärztliche Untersuchung hinsichtlich Transport- und Umzugsfähigkeit vornehmen zu können. Es sollte u. a. geklärt werden, inwieweit ein Umzug überhaupt machbar und dieser sowie eine Auswilderung der hochbetagten Tiere gesundheitsschädliche Folgen mit sich ziehen würde. Es war zu prüfen, ob eine Narkotisierung erforderlich ist. Zu klären war auch ob und ggf. wie ein Käfigtraining erfolgen muss.

 

Die Begutachtung von vier Sachverständigen ergab, dass die Bären an Ort und Stelle verbleiben sollten. Maxi und Schnute wurden als nicht transportfähig und ein Umzug als lebensbedrohlich eingeschätzt. Allerdings wurde empfohlen der Tierart und den Haltungserfordenissen gerechte Umbaumaßnahmen u. a. Vergrößerung der Nutzungsfläche und Änderung des Badebereiches vorzunehmen. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 15.000,00 €.

Die Stiftung „Vier Pfoten“ erklärte sich zur fachlichen und evtl. finanziellen Unterstützung bereit.

Aufgrund des Expertenurteils sollte den Bären die Strapazen, die zum Tod führen könnten, nicht zugemutet werden. Maxi und Schnute sollten nach Auffassung des Bezirksamtes Mitte, welche die SPD-Fraktion teilte, bis zu ihrem Lebensende in ihrem vertrauten Umfeld bleiben dürfen.

Maxi verstarb am 23.08.2013 27jährig nach Krankheit. Sie war in einem stolzen Alter. Die Lebensdauer in freier Wildbahn liegt zwischen 20 und 30 Jahren.

Das Verhalten von Schnute wurde beobachtet, um festzustellen, ob der Tod Maxis seelisch schädigende Folgen verursachte. Dies war nicht der Fall. Schnute fraß wie gewohnt, benahm sich auch sonst unverändert und altersgerechtes Verhalten wurde festgestellt.

Schnute, die zwar im Verhalten nicht auffällig war, aber eben mangels Sprachfähigkeit nicht sagen konnte (kann), ob an dem auch tatsächlich so war, sollte keinem oder keinem weiteren Stress ausgesetzt werden.

Dennoch Unverständnis bei denjenigen, die Schnute lieber heute als morgen umgesiedelt sehen möchten. Dies führte wiederum zu Irritation bei denjenigen, die Schnute den Lebensabend in vertrauter Umgebung erhalten wollten. Nach wie vor besteht aus veterinärmedizinischer Sicht ein Risiko im Falle einer Umsiedlung.

Unterdessen kam es wieder zu Aktivitäten hinsichtlich Umzug in einen Bärenpark. Erneut kam es zu einer entsprechenden BVV-Initiative, über die im November 2013 entschieden werden sollte.

Die Entscheidung war klar. Ein Umzug vor dem Winterschlaf bis Ende Oktober 2013 war nicht zu schaffen. Ein Transportkäfigtraining braucht seine Zeit, die ist nicht gegeben. Der Winterschlaf von Schnute dauert bis Frühjahr 2014 an.

Am 20.02.2014 wurde von Bündnis 90 / Die Grünen ein Antrag eingebracht, der zur Auswilderung der Bärin nach Ende der Winterruhe führen sollte.

Als Begründung wurde angegeben, dass eine Narkose nicht notwendig und ein Käfigtraining möglich sei, weil seit dem Tod von Maxi jetzt genug Platz dafür im Gehege besteht. Die Kostenfrage sei geklärt, ein Tierschutzverein übernimmt diese. Auch die Nachnutzung des Zwingers durch das Märkische Museum und die damit verbundene Abgabe des Gebäudes aus dem bezirklichen Bestand sei geklärt.

In der mündlichen Begründung zur Umsiedlung von Schnute wurde nicht auf Gründe der Handlung zum Wohle der Bärin verwiesen. Es wurde argumentiert, dass keine Veterinärentscheidung dem Umzug entgegensteht und nunmehr eine politische Entscheidung getroffen werden muss.

Kostengründe hinsichtlich der Belastung des Bezirkshaushalts und Einsparmöglichkeiten wurden vordergründig mit Vergleichen des Grünflächenpflegezustandes zwischen Grünfläche am Köllnischen Park und am Reichstag genannt. Dass sich diese Grünanlagen sowohl flächenmäßig als auch in der Art der Nutzung erheblich unterscheiden, wurde der Argumentation wegen verschwiegen. Zu diesem Apfel- und Birnen- Vergleich gesellte sich der Vorwurf von haushaltspolitischer Ambivalenz und die Unterstellung des Auslebens von Machtspielchen seitens SPD und CDU, sollte dem Antrag nicht die Zustimmung gegeben werden.

Wir waren und wir sind darüber mehr als nur verwundert.

Nicht wie von Bündnis 90 / Die Grünen eine vorgeworfene Haushaltspolitische Ambivalenz und Machtspielchen führten zu unserer Entscheidung. Die Entscheidung der SPD-Fraktion basiert alleine im Interesse für das Wohl von Schnute aus unserer Sicht.

 

Entscheidungsgründe:

 

  • Wildtiere auszuwildern oder umzusiedeln ist ein schweres Unterfangen. Schnute braucht nicht nur ein Transportkäfigtraining. Sie braucht über längere Zeit eine Entwöhnung von den Menschen mit denen sie in Kontakt steht. Sie muss entwöhnt werden Futter zu erhalten. Sie muss daran gewöhnt werden mit fremden Bären in Kontakt zu kommen. Bären sind Einzelgänger oder im Familienverband zusammen.

  • Seelischer umzugsbedingter Stress kann ungeahnte Folgen haben. Inwieweit Schnute tatsächlich transportfähig ist und eine Umsiedlung ohne dauerhafte Beeinträchtigungen erfolgen kann, ist nicht eindeutig geklärt.

  • Schnute kam im Alter von 6 Monaten in den Bärenzwinger am Köllnischen Park, es ist damit eine vertraute Umgebung für die hochbetagte Bärin. Inwieweit sie sich in die neue Umgebung eingewöhnen kann, ist unsicher. Nicht jedes Tier lebt sich nach Auswilderung oder Umsiedlung ein. Drei Jahrzehnte bekannte Umgebung gegen völlig unbekanntes Terrain einzutauschen, ist heikel. Für Pflanzen, Tier und Mensch.Es heißt nicht umsonst, einen alten Baum verpflanzt man nicht. Bekanntlich gehen diese dann in übermäßig hoher Anzahl ein. Die Folgen bei Menschen, die unfreiwillig in Alten- oder Pflegeheime umziehen müssen, sind hinlänglich bekannt. Weshalb sollte das bei Bären anders sein. Wir sind nicht bereit lebensbedrohliche Risiken einzugehen.

  • Wir gehen davon aus, dass sich Schnute in dem Zuhause wohl fühlt, in dem sie seit 32 Jahren lebt. Sie ist gesund, nicht verhaltensauffällig und im altersgerechten Zustand.

  • Schnute befindet sich in pflegerisch guter Obhut. Wir gehen davon aus, dass dieser vertraute Kontakt wichtig für das Wohlbefinden von Schnute ist.

 

 

Fazit:

 

Wir können und wollen keine gesundheitlichen nachteilige Folgeerscheinungen oder gar den Tod von Schnute riskieren.

Wir wollen Schnute in vertrauter Umgebung mit vertrauten Pflegekontakt sehen.

Wir wollen, dass es Schnute gut geht und wir gehen davon aus, dass es ihr in ihrem Zuhause im Bärenzwinger am Köllnischen Park gut geht.

 

Wir akzeptieren, dass es Menschen gibt, die darüber anders denken. Bitte akzeptieren Sie aber auch unsere Auffassung.


 

Martina Matischok, 22.02.2014

 

 

 

 

 
 

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