Mieten und Wohnen: Entwicklung der Zwangsversteigerungen

Veröffentlicht am 24.10.2012 in Wohnen

Mieten und Wohnen: Entwicklung der Zwangsversteigerungen

Wohnen und Mieten sind wichtige Themen in Mitte. Besonders wird über die Frage der Verdrängung bisheriger Mieterinnen und Mieter diskutiert. Dazu gehört auch das Stichwort Gentrifizierung. Wie steht es aber um die bisherigen Besitzerinnen und Besitzer von Wohnungen, die ihre Wohnungen nicht weiter halten können, weil sie selbst in finanzielle Schwierigkeiten gekommen sind? Der Frage ging Thorsten Lüthke nach, erste Antworten liegen vor.

Starke Steigerungen in Tiergarten: Während Gewerbe faktisch keine Rolle spielt, verdreifacht sich die Zwangsversteigerung für Wohnraum.

Wer eine Wohnung hat, kauft sie sich meist nicht alleine: Die Bank sitzt mit im Boot und will monatlich Tilgung und Zinsen für den aufgenommenen Kredit sehen.
Die Wohnungen im Bezirk Mitte sind sehr unterschiedlich:
– In Moabit bestehen vor allem Wohnungen für Industriearbeiter, die vor rund 100 Jahren entstanden sind. Kleine Wohnungen bestimmen den Wohnungsmarkt. In den Hinterhäusern werden gelegentlich Wohnungen zusammengelegt, um größere Einheiten zu bilden. Daneben besteht ein kleiner Teil sehr repräsentativer Offiziers- und Generalswohnungen vor allem im östlichen Moabit.
– In Tiergarten dominieren die repräsentativen Wohnungen des Bürgertums mit hohen Decken.

Weniger Zwangsversteigerungen im Amtsgerichtsbezirk Wedding (Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen)

– Die Mischung bestimmt den Wedding. Hier sind einerseits Häuser mit Berliner Mischung zu finden, in denen im Vorderhaus die Fabrikanten lebten, im Hinterhaus lebten die Arbeiter mit ihren Famílien, gelegentlich gibt es jetzt auch Lofts in der früheren Manufaktur im Hinterhof. Daneben bestehen umfangreiche Gebiete mit Genossenschaften und dem Wohnungsbau der 1920er Jahre.
– In Alt-Mitte dominiert einerseits die modernisierte, komfortable „Platte“. Allen Vorurteilen vergangener Jahrzehnte zum Trotz ist sie mittlerweile beliebtes Quartier. In der Rosenthaler und Spandauer Vorstadt ist mit den sanierten Häusern der Gründerzeit und vielen modernen Neubauten ein vielfältiges Wohn- und Dienstleistungszentrum entstanden.

Wer der Bank seines Vertrauens seinen Kredit für die Wohnung nicht zurückzahlen kann, kann schnell sein blaues Wunder erleben. Teilweise verkaufen Banken diese Schulden weiter. Statt des Kreditinstituts mit Nachsicht und Erfahrung war es plötzlich der Krediteintreiber.

Um die Veränderungen der Eigentümerstrukturen nachvollziehen zu können, habe ich daher das Bezirksamt nach den Zwangsversteigerungen in den Amtsgerichtsbezirken gefragt.

Im Ortsteil Mitte nehmen die Zwangsversteigerungen der Wohneinheiten zu, bei den Gewerberäumen gab es einen Rückgang. Dennoch: niedrige Zahlen.

Dazu liegt seit Mitte Juli eine Antwort vor:

– Der Wohnungsmarkt in Tiergarten ist auch durch die Zwangsversteigerungen angespannt. Die Zahl der Zwangsversteigerungen lag
2009 noch bei 48 Wohnungen, im Jahr 2010 bei 74 Wohnungen und im Jahr
2011 schon fast dreimal so hoch wie zwei Jahre zuvor bei 144 Wohnungen.

– Auch in Alt-Mitte hat sich die Zahl der Zwangsversteigerungen stark erhöht, allerdings lag sie 2009 nur bei 24 Wohnungen und entwickelte sich über 30 Wohnungen (2010) bis zu 45 Wohnungen im Jahr 2011.

Die Entwicklung der Zwangsversteigerungen im Bezirk Mitte läuft auseinander: Starke Steigerung in Tiergarten, Rückgang im Wedding.

– Im Bereich Wedding und Gesundbrunnen ist eine gegenteilige Entwicklung feststellbar. Hier wird nicht zwischen Wohn- und Gewerbeeinheiten unterschieden. Gleihzeitig sank die Zahl der Zwangsversteigerungen von
279 im Jahr 2009 über 254 (2010) auf 201 im Jahr 2011.

– Aus den Angaben für 2012 sind keine Rückschlüsse auf das ganze Jahr möglich, weil nicht die Informationen vorliegen, ob Zwangsversteigerungen sich gleichmäßig über das ganze Jahr verteilen oder sich zum Ende des Jahres häufen.

Dabei sollten noch folgende Überlegungen berücksichtigt werden:
– Bei der Durchführung der Zwangsversteigerung vergeht von den ersten Schulden bis zur Versteigerung sehr viel Zeit. Faktisch werden hier die Überschuldung der Jahre 2007 bis 2009 sichtbar.
– Bei den Wohneinheiten ist nicht klar ablesbar, ob es sich um einzelne oder mehrere Wohnungen handelt – sich etwa die Besitzerin mehrerer Wohnungen verspekuliert hat.

Die Ergebnisse müssen mit mit anderen Ergebnissen zusammen geführt werden, aber deutlich wird: Der Wohnungsmarkt in Tiergarten ist stärker in Bewegung als in den anderen Bezirken.

Thorsten Lüthke

 
 

E-Mail-Abo

Bitte Mail-Adresse eingeben: