Kiezgeschichte wahrnehmbar erinnern

Veröffentlicht am 04.11.2019 in Bezirk

Grenzübergang Chausseestraße: Westberliner dürfen aufgrund des Passierscheinabkommens von 1963 erstmals wieder etwas einfacher in den Ostteil reisen

Foto: BStU Stasi Mediathek

 

SPD-Fraktion Mitte fördert Erinnerungskultur

 

Mitte ist reich an historisch bedeutsamen Orten, erlebt aber auch stetige Veränderungen. Der Erinnerungskultur kommt daher für unseren Alltag in Mitte eine wichtige Rolle zu, insbesondere auch dort, wo durch eine starke Bauentwicklung ganz neue Kieze entstehen, wie im Gebiet rechts und links der nördlichen Chausseestraße.

 

Auf Antrag der SPD-Fraktion hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte daher mit großer Mehrheit beschlossen, Zeitzeugenerinnerungen vom Alltagserleben der Menschen aus der Zeit vor dem Mauerbau und während der Zeiten der Mauer insbesondere aus diesem Gebiet zu dokumentieren und an Ort und Stelle nachvollziehbar zu erinnern (Drucksache Nr. 1874/V).

So gingen beispielsweise Ost-Kinder bis zum Mauerbau von der Schwartzkopffstraße durch den Stettiner Tunnel in den Westen in den katholischen Kindergarten in der Gartenstraße. Im Park an der Liesenstraße wurde zonenübergreifend von Jugendlichen Fußball gespielt. Eine wechselvolle Geschichte hat auch das Gebäude Chausseestraße 94 hinter sich. Gebaut als Krieger-Vereinshaus bald nach der Jahrhundertwende sollen hier NS-Größen ein- und ausgegangen sein. Nach dem Weltkrieg war hier DDR-Grenzschutz untergebracht, später eine Passierscheinstelle. Bereits acht Jahre vor dem Mauerbau hatte es 1953 am Grenzübergang Chausseestraße Tumulte im Rahmen des 17. Juni gegeben, als Tausende streikende Stahlarbeiter aus Hennigsdorf  durch das nördliche West-Berlin marschierend hierher kamen. Die Baracken der Grenzbewacher neben dem Krieger-Vereinshaus wurden niedergebrannt, es waren Schüsse zu hören. Fragen stellen sich, wie sich der Bau der Mauer und danach die vielen Fluchtversuche – gerade im Bereich des Grenzübergangs Chausseestraße – auf die Anwohnenden ausgewirkt haben. Und wie wurde die Maueröffnung hier erlebt?

Konkret schlägt die BVV dem Bezirksamt nun vor, dass diese Zeitzeugenerinnerungen in die stadtteil- bzw. themenbezogene Arbeit des Stadtmuseums aufgenommen werden – das kann zum Beispiel durch „Ost-Berlin per App erleben“ geschehen. Auch das Mitte Museum soll das Thema in die entsprechenden Arbeitsfelder des Museums integrieren – z. B. in die Stadtteilführungen. Wie Vera Morgenstern, Initiatorin des Antrags und Vorsitzende des Ausschusses für Bildung und Kultur in der BVV, berichtet, sind wir in der glücklichen Lage, hier durchaus noch auf Zeitzeugen zurückgreifen zu können - trotz der großen Veränderungen, die hier gerade stattfinden.

 

Nach Auffassung der SPD-Fraktion wird solche Erinnerungsarbeit auch zum gesellschaftlichen Miteinander in diesem sich gerade erst herausbildenden neuen Kiez beitragen. Gerne nimmt sie Hinweise zu historischen Orten und Zeitzeugen entgegen: info@spd-fraktion-mitte.de

 

Erschienen in der Berliner Woche, 30. Oktober 2019

 
 

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