Altglas-Behältern in Wohngebiete

Veröffentlicht am 26.01.2014 in Umwelt

 

Keine Abschaffung von Altglas-Behältern in Wohngebieten in Berlin-Mitte

 

Die Recycling-Firma „Duales System Deutschland GmbH“ will in allen Berliner Bezirken die wohnortnahe Altglasentsorgung abschaffen und stattdessen öffentliche Sammelstellen in einer Entfernung von bis zu 300 Meter von den Wohnhäusern entfernt aufstellen. In den Bezirken Lichtenberg, Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf wurde das Vorhaben bereits umgesetzt. Seitdem sorgt die neue Form der Mülltrennung für Unmut in der Stadt. Die Bezirke Steglitz-Zehlendorf, Spandau und Charlottenburg-Wilmersdorf sollen ab dem Jahr 2015 als nächste Bezirke von der Abschaffung betroffen sein. Dies gilt es zu verhindern und die bereits vollzogene Entsorgungsumstellung rückgängig zu machen.

Bislang wird in Berlin nach Weiß- und Buntglas (Bunt für grün und braun) durch Glasbehälter in Wohnanlagen getrennt. Das Berliner Modell, welches in dieser Form nur in Berlin existiert, wurde als Lösung für die damaligen Entsorgungsprobleme geschaffen. Die vor 1992 vorhandenen Sammelstellen wurden zurückgedrängt und die wohnortnahe Entsorgung eingeführt, weil es ständig Ärger mit Scherben und Vermüllung gab. Dies ist deutlich zurückgegangen, das Trennverhalten der Müll entsorgenden Menschen hat sich verbessert.

Stattdessen Rückkehr zum nicht bewährten System der wohnortfernen Altglasentsorgung, welche wieder in sogenannten Iglus für eine Dreifarbentrennung nach braun, grün und weißem Glas sorgen soll. Damit soll die „schlechte“ Qualität des Berliner Altglases verbessert werden, welches nach Angaben der Recycling-Firma durch das Wohnortprinzip zusätzlich durch Hausmüll belastet ist.

Fakt ist, dass die Abholung von Altglas an Sammelstellen für den Entsorger günstiger ist. Ein weiteres Faktum ist nicht erwiesen. Argumente, das Berliner Altglas sei durch die bisherige Sammelmethode der Trennung zwischen Bunt- und Weißglas und wegen Hausmüllvermischung unrein und daher minderwertig, sind bisher nicht durch Gutachten belegt. Nach Angaben der Berliner Zeitung soll ein Vertreter der Glasindustrie bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus die schlechte Qualität des Berliner Altglases beklagt haben. Ein ebenfalls angehörter Recycling-Sachverständiger hatte aber ausgeführt, das liege weniger an der Sammelmethode, sondern vor allem an dem unsachgemäßen Transport und Umschlag der Flaschen.

Der unsachgemäße Transport und Umschlag des Leerguts ist durchaus nachvollziehbar, weil vielerorts bereits so gesehen. Hier muss Nachbesserung erfolgen, nicht hinsichtlich der Sammelmethode. Es ist zu erwarten, dass sich bei Abschaffung des Holsystems mehr Glas im Hausmüll finden wird. Das bedeutet mehr Kosten bei der Müllentsorgung und weniger Altglasverarbeitung. Es ist zu befürchten, dass Leergut, wenn nicht im Hausmüll entsorgt, im öffentlichen Raum abgestellt wird, um weite Wege zu vermeiden. Verschmutzungen und Gefährdung durch Glasbruch auf Wegen und Plätzen sind absehbare Folgen und damit verbunden entstehen zusätzliche Kosten.


 

Der Effekt der bequemen Trennung bei der Entsorgung und damit die Erleichterung des bewussten Umgangs mit Ressourcen wird so vernichtet. Das ist mit einer nachhaltigen Umweltpolitik unvereinbar.

 

Auch ältere und behinderte Menschen müssten künftig weitere Strecken zurücklegen, um

Altglas entsorgen zu können. Die Umstellung kann damit nicht im Sinne der Inklusion sein.


 

Das vom Dualen System gewünschte Comeback des Iglus ist damit lächerlich und in sich unbegründet.

Wohnungsbauunternehmen, Umweltschutzorganisationen und Bürgerinnen und Bürger der Stadt sprechen sich für den vollständigen Erhalt des haushaltsnahen Entsorgungssystems aus. Auch sie befürchten einen deutlichen Rückgang der Sammelmenge und daraus resultierend weniger Altglaswiederverwertung als Folge, wenn die Recycling-Firma bei ihrem Vorhaben bleibt.

Es wird befürchtet, dass der Berliner Senat nach der Rechtslage eine berlinweite Abschaffung der Hof-Glastonnen letztlich nicht verhindern könne. Den rechtlichen Rahmen für Maßnahmen zur Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen bildet das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) vom 27. September 1994 sowie die Verpackungsverordnung (VerpackV) vom 21. August 1998 in der derzeit geltenden Fassung. Sammelbehälter für gebrauchte Glasverpackungen stehen nach rechtlicher Grundlage auf öffentlichem Straßenland als Bringsystem und direkt an den Wohnhäusern als Holsystem, wobei Glas grundsätzlich farbgetrennt als Weiß-, Grün- und Braunglas zu sammeln ist.

So weit ist die rechtliche Aussage klar. Auf öffentlichem Straßenland abgestellte Iglus bedürfen allerdings der behördlichen Genehmigung für den einzelnen Iglu-Standplatz. Hier kann Einfluss genommen werden, indem das Aufstellen im öffentlichem Raum nicht genehmigt wird, wo in Absprache mit den Wohnungsunternehmen eine hausnahe Aufstellung der Altglas-Behälter möglich ist. Aus Steglitz-Zehlendorf ist bereits zu vernehmen, dass dort Glascontainer neben Radwegen nicht genehmigt werden aus Angst vor Scherben und damit verbundener Schädigung der Reifen. So gibt es viele Gründe, weshalb Stellplätze nicht geeignet sind z. B. vor Kindertagesstätten, Schulen und eben überall dort, wo in Wohnanlagen geeignete Stellfläche vorhanden ist. Das bedeutet, dass parallel das Bring- und das Holsystem in bewährter Form so wie bisher weitergeführt werden könnte.


 

Die Mitglieder der SPD Mitte sind der Auffassung, dass sich das im Jahr1992 eingeführte Berliner Modell bewährt hat. Sicherlich kann und sollte nachgebessert werden, aber nicht zu Lasten der Nutzerinnen und Nutzer und nicht zu Lasten derer Trennbereitschaft durch höheren Aufwand der Glastrennung.
Möglich wäre das Aufstellen einer dritten Tonne für Braunglas bei Erhalt des bewährten Systems. Der BUND hat in eigener Pressemitteilung Vorschläge gemacht, wie das wohnortnahe Entsorgungsprinzip erhalten und die Wertigkeit des Berliner Altglases erhöht werden kann. Danach könnten alternative Lösungsansätze verschließbare Tonnendeckel mit Einwurfloch, andere Abfuhrfahrzeuge mit besserer Trenngarantie, eine Optimierung bei Umladeprozessen und der Vorsortierung sein.

Dies ist scheinbar aber nicht geprüft worden. Stattdessen wurde leise vollzogen, was jetzt für lauten Widerspruch sorgt.

 

Die SPD-Fraktion hat daher in der BVV Sitzung am 23.01.2014 einen Antrag eingebracht mit dem Titel „Keine Abschaffung von Altglas-Behältern in Wohnanlagen in Berlin-Mitte – BVV Mitte für den Erhalt des Dualen Systems“, der von den Bezirksverordneten beschlossen wurde.

Danach wird das Bezirksamt Mitte ersucht, sich mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ins Benehmen zu setzen, um die derzeitigen Planungen der Abschaffung von Altglas-Behältern in Wohnanlagen mit Wirkung auf den Bezirk Mitte zu eruieren und sich dafür einzusetzen, dass in Wohnanlagen des Bezirks keine Alt-Glasbehälter abgeschafft werden. Vor einer endgültigen Entscheidung sind das Bezirksamt Mitte, die Wohnungsunternehmen des Bezirks und die Mieter und Mieterinnen mit ihrem Interesse z. B. über den Berliner Mieterverein zu hören und deren Votum zu berücksichtigen.


 

Bis zu einer demokratisch herbeigeführten Entscheidung sind die Abschaffungspläne zu stoppen. Die SPD Fraktion der BVV Mitte hofft auf eine erfolgreiche Rückkehr zum bewährten System unter Nachbesserung des wohnortnahen Entsorgungsmodell.

 

In einem weiteren Schritt hat die SPD-Fraktion einen Antrag auf Initiative von Janina Körper, Sprecherin für Soziale Stadt, Quartiersmanagement, Verkehr und Grünflächen, eingebracht, wonach das Bezirksamt ersucht wird, ein Angebot im Internetauftritt des Bezirks zu schaffen, über welches Bürgerinnen und Bürger am Vorbild von Charlottenburg-Wilmersdorf die nächst gelegenen öffentlichen Sammelbehälter für Altglas finden können (http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/org/umwelt/umwelt/altglascontainer/) .

 

Der Antrag soll nicht der Vorwegnahme eventueller Entscheidungen hinsichtlich der Abschaffung der Entsorgung von Altglas in Wohnanlagen im Holsystem dienen, sondern eine zusätzliche Informationsmöglichkeit zur weiteren Trennung von Altglas für das ebenfalls bereits vorhandene Bringsystem schaffen.

 

Vielmehr soll er Hilfestellung bieten, wenn Bürgerinnen und Bürger nach Altglascontainern im öffentlichen Straßenland suchen möchten. Ihnen steht über den Internetauftritt der Stadtreinigung weitergeleitet eine Liste der Straßen von A-Z für Berlin zur Verfügung. Die Suche nach dem nächsten Standort gestaltet sich daher aufwendig.

Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf stellt seinen Bürgerinnen und Bürgern eine Suchfunktion zur Verfügung, so dass sie nicht nur in einer Listenauswahl, sondern auch Postleitzahlenweise auf einem Stadtplan eingezeichnet die nächsten Standorte bequem lokalisieren können. Ein solches Angebot ist auch für die Bürgerinnen und Bürger von Mitte erstrebenswert, um ihnen die Teilnahme am dualen System des Altglas-Recyclings neben der direkten Entsorgung in Wohnanlagen zu erleichtern.



 

 

 

Martina Matischok

26.01.2014

 

 

 

 

 

 
 

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