Aktiv gegen Spielhallen

Veröffentlicht am 02.01.2011 in Wirtschaft

Aktiv gegen Spielhallen: Schutz der Spieler und Spielerinnen und Bekämpfung der Spielsucht

 

 

Finanzsenator Nussbaum steht einer Erhöhung der Vergnügungssteuer aufgeschlossen gegenüber. In den rund 350 – 400 Berliner Spielhallen könnte Daddeln damit bald teurerwerden.

Die SPD Fraktion hat gemeinsam mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung im Juni 2010 die Erhöhung der Vergnügungssteuer auf die Bruttoeinspielergebnisse bei Gewinnspielgeräten an allen Aufstellorten von derzeit elf auf 20 Prozent gefordert. Der Antrag wurde von allen Fraktionen der BVV angenommen.

Diese Forderung wurde notwendig, um der massiven Ausbreitung von Spielhallen entgegen wirken zu können. In wieweit der Spielhallenboom damit tatsächlich zu bremsen ist, wird sich zeigen. Eins ist aber sicher den Betreibern und Betreiberinnen von Spielbanken sowie den Spielern und Spielerinnen soll damit das Spiel verdorben werden. Nicht nur das zunehmend verschandelte Stadtbild und die mit Spielhallen einhergehende Kriminalität ist Anlass der weiteren Ausbreitung Einhalt zu gewähren, sondern ein wesentlicher Grund ist die Vielzahl von spielsüchtigen Menschen.

Problematisch ist, dass das Automatenspiel nicht dem Glücksspielstaatsvertrag unterliegt, sondern über das Gewerberecht geregelt wird. Dieses sieht keinen Schutz vor Suchterkrankungen im Glücksspiel vor. Während der gesperrte Spieler, die gesperrte Spielerin keinen Zutritt zum Klassischem Spiel in den Spielbanken hat, kann weiter das Spiel mit dem Glück an Automaten betrieben werden.

Nach § 8 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland – Spielersperre – sind die Spielbanken und die Länder verpflichtet ein übergreifendes Sperrsystem zum Schutz der Spieler und Spielerinnen und zur Bekämpfung der Glücksspielsucht zu unterhalten. Diese Verpflichtung haben privat geführte Spielbanken und Spielhallen nicht. Das vorhandene Sperrsystem bezieht sich allerdings auch nicht auf die Geldautomatenspiele in den Spielbanken.

Die Monopolverpflichtung der staatlichen Glücksspielanbieter zur Bekämpfung der Spielsucht und vor allem in eingeschränkter Form ist nicht nachvollziehbar. In eingeschränkter Form deshalb, weil sich das Sperrsystem eben nur auf das Klassische Spiel (u .a. Roulette, Black Jack, Poker) erstreckt. Das Geldautomatenspiel bei den Spielbanken und das Glücksspiel in den Spielhallen ist hiervon nicht betroffen.

Die Eintragung eines Sperrvermerks erfolgt entweder durch die Spielerin bzw. den Spieler selbst, durch Dritte oder durch die Spielbanken. Rund 30.000 Spieler sind bundesweit in den Sperrlisten eingetragen. Eine Selbst- oder Fremdanzeige oder der Eintrag durch die Spielbank begründet sich in der Regel durch ein problematisches Spielverhalten. Dieses problematische Spielverhalten ist nicht nur im Klassischen Spiel, sondern vielmehr bei Glücksspielen im Allgemeinen und Geldautomatenspielen im Besonderen, zu erkennen.

Darüber hinaus ist die Anzahl der Spielmöglichkeiten in den Spielhallen weitaus größer als die in den Spielbanken. Die Anzahl der Suchtmöglichkeiten ist damit in Spielhallen um ein Vielfaches größer. Unverständlich, dass gerade diese aus der Verantwortung gänzlich raus gehalten werden.

Bei staatlich konzessionierten Spielbanken haben gesperrte Spieler und Spielerinnen keinerlei Zutrittsrechte in die Bereiche des Klassischen Spiels. Wird die Aussperrung trotz Sperrvermerk nicht vollzogen, kann die Spielbank für den Schaden (Geldverlust) haftbar gemacht werden.

Um den Spielern und Spielerinnen genügend Schutz zu bieten hat die SPD Fraktion in die BVV am 16. Juni 2010 folgenden Antrag eingebracht:

"Das Bezirksamt wird ersucht, sich bei der für die Glücksspielsuchtbekämpfung zuständigen Senatsverwaltung dafür einzusetzen, dass ein Sperrsystem nach § 8 Glücksspielstaatsvertrag zum Schutz der Spieler und Spielerinnen und zur Bekämpfung der Spielsucht neben der Sperrmöglichkeit hinsichtlich des Klassischen Spiels in den Spielbanken auch für das Glücks- und Automatenspiel in privaten Spielbanken, in Spielhallen, in Gaststätten mit Geldspielgeräten und in sonstigen gewerblich geführten Etablissements mit öffentlichem Zugang und aufgestellten Geldautomaten ausgeweitet wird. Daneben soll sich das Sperrsystem bei den staatlich geführten Spielbanken auch auf das Automatenspiel erstrecken."

Der Antrag wurde mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Grüne und Linke gegen die Stimmen von CDU und FDP angenommen.

Spielsüchtigen Menschen kann mit diesem Sperrsystem geholfen werden, allerdings bedarf es weit aus mehr, um Spieler und Spielerinnen zu schützen und Spielsucht zu bekämpfen. Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen über diese Suchterkrankung müssen noch weiter gefördert werden. Mit Erhöhung der Vergnügungssteuer steigen auch die Einnahmen des Landes Berlins. Es macht Sinn die Mehreinnahmen aus der Vergnügungssteuer für den Kampf gegen die Spielsucht einzusetzen.

Das Bezirksamt wurde daher in der Bezirksverordnetenversammlung vom 16. September 2010 durch entsprechenden Antrag der SPD-Fraktion ersucht, sich bei der Senatsverwaltung für Finanzen dafür einzusetzen, dass aus der Erhöhung der Vergnügungssteuer die Mittel für Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen zum Schutz der Spieler und Spielerinnen vor Suchterkrankungen und zur Bekämpfung von Spielsucht aufgestockt werden.

Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Grüne und Linke gegen die Stimmen von CDU und FDP angenommen.

Wissenswertes:

  • Die Spielsucht ist eine Krankheit, bei der die Betroffenen vom Glücksspiel beherrscht werden. Nach der Klassifizierung der ICD-10 wird pathologisches Spielen als Störung der Impulskontrolle benannt.Exzessives Spielen kann zu einer Abhängigkeitserkrankung, einer so genannten Verhaltenssucht führen.
  • Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) geht von 100.000 spielsüchtigen Menschen deutschlandweit aus. In Berlin sind schätzungsweise 17.000 Menschen glücksspielsüchtig. Ein ernstzunehmendes Problem, welches in der Öffentlichkeit noch mehr ins Bewusstsein gelangen muss, um zu sensibilisieren.
  • Stoffungebundene Sucht oder substanzunabhängige Sucht sind die fachlichen Oberbegriffe für Spielsucht bzw. pathologisches Glücksspiel. Es wird zwischen weichen und harten Glücksspielen unterschieden.
  • Zu den weichen Glücksspielen gehören alle Spiele bei denen der Einsatz, die Intensität und die Häufigkeit des Spiels gering sind. Darunter fallen u. a. Skatspiele um geringe Centeinsätze, aber auch der Lottoschein.
  • Zu den harten Glücksspielen gehören alle Zufalls- und Geschicklichkeitsspiele um Geld. Darunter fallen Automatenspiele, das Klassische Spiel (u.a. Roulette, Poker) und jegliche Art von Sportwetten.
  • 90 bis 95 Prozent der spielsüchtigen Menschen spielen an Geldspiel- oder Unterhaltungsautomaten. Diese Automaten geben 50 bis 60 Prozent der Einsätze wieder raus. Der Verlust ist hoch.
  • Folge ist Verarmung, betroffen sind die Süchtigen selbst und deren Familie. Eine weitere Folge ist der Abbau von Spielunabhängigen Interessen, die soziale Isolation, Tendenzen zur Verwahrlosung .... alles dreht sich nur um das Spiel. Der Aufbau von Schulden, der Verlust des Arbeitsplatzes und des Wohnraumes, das Abrutschen in die Kriminalität können weitere Folgen im Abwärtstrend der Suchtspirale sein. Süchtige Spieler und Spielerinnen kommen ohne Hilfe aus diesem Teufelskreis nicht heraus. Sie erleben ihr Spielverhalten als nicht mehr kontrollier- und steuerbar. Viele nehmen das aber auch nicht wahr, sie sind Krankheitsuneinsichtig.

Weitere Informationen und Hilfen unter:

02.01.2011 Martina Matischok

 
 

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